Bundestagsabgeordnete über Flüchtlinge und Rechtsextremismus in Nordsachsen
NORDSACHSEN. Jede Woche neue Meldungen über Flüchtlingsströme, Bürgerproteste in den kleinen Gemeinden, rechtsextreme Kräfte, die vor Gemeindeversammlungen hetzen, Rechtsrock-Konzerte – auch in Nordsachsen mehren sich die Schlagzeilen, die unseren Landkreis in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Die nordsächsische Bundestagsabgeordnete Christiane Schenderlein (CDU) möchte einige Punkte klar stellen.
Warum häufen sich die Bürgerproteste in den letzten Wochen in Nordsachsen?
Schenderlein: „Ich sehe es ähnlich wie unser sächsischer Innenminister Armin Schuster. Wir sind überzeugte Europäer und das Letzte, was wir wollen, sind die Errichtung von Schlagbäumen und Zäunen an unseren Grenzen. Aber wir müssen auch die Realität akzeptieren: Aktuell erreichen wieder Flüchtlingsströme Deutschland und unsere aktuelle Bundesregierung unternimmt keine steuernden oder ordnenden Tätigkeiten. Ausbaden müssen diese Politik die Landkreise und Kommunen, für die Unterbringung und Integration der Migranten immer mehr zu einem Problem wird. Unsere Bürgermeister und Landräte fühlen sich zurecht allein gelassen. Die bloße Ankündigung von finanzieller Unterstützung reicht eben nicht, wenn grundsätzliche Herausforderungen nicht angegangen werden.“
Was muss jetzt grundsätzlich getan werden?
„Die Bundesinnenministerin kann noch zu 10 Flüchtlingsgipfeln einladen und wird damit nicht erfolgreich sein, wenn die linksideologische Ausrichtung nicht endlich über Bord geworfen wird. Es braucht ein breites Bekenntnis in der Ampelregierung, dass Ordnung und Steuerung die Leitprinzipien der Politik sein müssen, wenn wirksam der Migrationsdruck reduziert werden soll. Aktuell wird in Berlin nur diskutiert, aber das hilft weder den Bürgern vor Ort, noch den Flüchtlingen.
Gleichzeitig müssen wir das Gespräch mit unseren Nachbarn und europäischen Partnern suchen, damit die Balkanroute wieder geschlossen wird. Hier ist neben dem Außenministerium vor allem der Bundeskanzler gefragt.“
Können Sie die Menschen verstehen, die gerade in Laußig und Strelln demonstrierten?
„Grundsätzlich gehören zu unserer Demokratie die freie Meinungsäußerung und die Möglichkeit, am politischen Prozess teilzunehmen. Zur Meinungsfreiheit gehört auch, dass man andere Meinungen aushalten muss. Natürlich waren unter den Demonstranten auch ganz normale Familien, die nicht rechtradikal sind. Nur sollte man stets darauf achten, wer neben einem steht. Spätestens wenn menschenverachtende Rufe erklingen, die Menschen regelrecht aufhetzt werden, darf ich von verantwortlich handelnden Bürgern auch erwarten, dass sie sich distanzieren. Sie riskieren sonst, mit den rechtsradikalen Hetzern, wie den Freien Sachsen, in einen Topf geworfen zu werden. Wir beobachten seit längerem gefestigte rechtsradikale Strukturen in Nordsachsen. Hinzu kommen einschlägig bekannte Akteure aus dem rechtsextremen Milieu, die auf den Protesten – unter anderem in Strelln – angetroffen wurden.
Sind Sie besorgt über das Image der Region?
Die Medien unterscheiden nicht, welche kleine Anzahl zu den gezielt aufhetzenden Radikalen gehört, die noch nicht mal aus den betreffenden Orten stammen und wer einfach nur still dabei stand. Letztlich bleibt der mediale Eindruck einer relativ großen Gruppe von demonstrierenden Menschen, aus deren Mitte menschenverachtende Rufe zu hören waren. Das kann unserem Ansehen langfristig schaden und auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Unter den Protesten waren neben den „Freien Sachsen“ auch Fahnen der AfD präsent – wie gehen Sie als CDU-Kreisvorsitzende damit um?
Für mich als Kreisvorsitzende der CDU Nordsachsen ist die Brandmauer zur AfD nicht verhandelbar. Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, weder auf Bundes-, noch auf Landes- oder kommunaler Ebene. Hören Sie sich an, wie die Abgeordneten der AfD im Bundestag und auch im Sächsischen Landtag reden. Diese Partei will nichts Gutes für Deutschland, sondern treibt die Spaltung unserer Gesellschaft voran. Die AfD bietet keine Lösungen an und ist sich nicht zu schade, Seite an Seite mit Rechtsextremen zu marschieren.
In der CDU schauen wir nach vorn und arbeiten lösungsorientiert. Darauf achte ich auch in meiner Aufgabe als Kreisvorsitzende und suche gezielt den Austausch mit Innenminister Schuster, unserem Landrat Emanuel, meinen Kollegen aus dem Landtag sowie vor Ort mit den Bürgermeistern und Ortsvorstehern. Nur gemeinsam können wir diese Herausforderung bewältigen.